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Abstimmung zur Urheberrechtsreform am 26. März – Wieviel Internet bleibt uns dann noch?

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Es geht um etwas, was wir lieben, was viele von uns täglich nutzen und was wir nicht missen möchten: Das Internet. Es geht um die Urheberrechtsreform, die offenbar niemand will. Außer natürlich zum Beispiel unsere Bundesregierung, die sich bisher sehr dafür eingesetzt hat.

Tatsache ist: Still und leise sollen uns mal wieder Rechte genommen werden.

So soll die geplante Urheberrechtsreform der Versuch der Medien sein, diejenigen wieder loszuwerden, die sich neben ihnen, den großen Verlagen, im Internet tummeln. Nur noch die etablierten Medienunternehmen sollen übrig bleiben und damit als Meinungsmacher endlich wieder mehr Gewicht bekommen. Besonders die Artikel 11 und 13 der geplanten Reform sind heftig in die Kritik geraten.

Nicht nur kleinere Blogs müssen bald sehr aufpassen, dass sie nicht in eine Kostenfalle geraten. 

Sowohl Youtube als auch Google – beide Tochtergesellschaften von Alphabet – haben sich öffentlich dagegen ausgesprochen.

Youtube hat einmal aufgezeigt, wie sie aussehen würden, wenn alleine die notwendige Software zu Artikel 13 implementiert werden würde.

Wo sind die vielen kleinen YouTuber abgeblieben? Wenn nun einige meinen, sie könnten auf andere Plattformen ausweichen, so dürfte das Vergnügen nicht lange dauern.

Diese Reform gilt für ALLE! Es gibt keine Alternativen.

Leistungsschutzrecht Artikel 11

Das Leistungsschutzrecht, auch Linksteuer genannt, das bereits 2013 aus der Taufe gehoben wurde, soll die Verlage finanziell unterstützen, könnte aber letztendlich dazu führen, dass Google News bald nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Es drohen saftige Strafen bei Nichteinhaltung der neuen Richtlinien, zumal gerade von den kleineren Publikation viele gar nicht mehr wissen, was sie noch dürfen und was nicht.

Der Begriff ‚Linksteuer‘ leitet sich daraus ab, dass von nun an gewerbliche Suchmaschinen und Aggregatoren für weiterführende Informationen eine Gebühr zahlen müssen. In Spanien, wo der Leistungsschutz bereits umgesetzt wurde, führte das dazu, dass Google News abgeschaltet wurde. Google hat dort nicht mitgespielt.

Google will herausgefunden haben, dass der Traffic der Nachrichtenseiten um 45 Prozent einbrechen wird, sollte die Linkvorschau zukünftig fehlen.

Die Diversität des News-Angebots wird jedenfalls erheblich eingeschränkt. Inzwischen hat Google mitgeteilt, dass sie die Absicht haben, auch für den europäischen Raum den News-Feed zu deaktivieren, falls Artikel 11 in Kraft tritt.

Bei der Datenverarbeitung ist ein News-Aggregator, auch Feed-Aggregator, Feed-Reader, Newsreader, RSS-Reader oder einfach Aggregator genannt, eine Client-Software oder eine Web-Anwendung, die syndizierte Web-Inhalte wie Online-Zeitungen, Blogs, Podcasts und Video-Blogs (Vlogs) an einem Ort zur einfachen Ansicht aggregiert. RSS ist ein synchronisiertes Abonnementsystem. RSS verwendet die Extensible Markup Language (XML), um Informationen zu strukturieren, die in einem Feedreader zusammengefasst werden sollen, der die Informationen in einer benutzerfreundlichen Oberfläche anzeigt. Die verteilten Updates können Inhaltsverzeichnisse von Zeitschriften, Podcasts, Videos und Nachrichten beinhalten.
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Dieser Artikel verlangt also, dass sowohl Artikelausschnitte als auch Links von Publikationen für Aggregatoren und Suchmaschinen lizenzpflichtig werden. Es werden deshalb nur größere Verlage davon profitieren und die kleinen abhängen, die sich das nicht leisten können. Das würde dazu führen, dass die großen Medien irgendwann einmal die einzigen Meinungsmacher sein würden.

Das hier würde also nicht mehr gehen, schon gar nicht, wenn auch noch ein Bild dabei gezeigt werden würde:

In Zukunft verboten
In Zukunft verboten

In einem offenen Brief gegen die Reform erklärten Bitkom, Creative Commons, Urheberrecht für Wissenschaft e.V., der Deutsche Bibliotheksverband und Co. bereits vor Monaten:

Solche Leistungsschutzrechte sind ein Risiko für Innovation, Grundfreiheiten, freie Kommunikation und den Wirtschafts- und Investitionsstandort Europa.

Auch Google meldete sich und schrieb:

Die Version einer neuen Urheberrechtsrichtlinie des Europäischen Parlaments – insbesondere Artikel 11 und seine Erwägung 32 – die wird unbeabsichtigte Folgen für kleinere Zeitungsverlage haben, Innovation im Journalismus einschränken und die Auswahl für die europäischen Verbraucher einschränken. Wir fordern die politischen Entscheidungsträger dringend auf, dies im endgültigen Text der Richtlinie festzulegen.

§32 des Urheberrechts wollen wir Ihnen nicht vorenthalten. Er besagt folgendes:

Urheberrecht §32
Urheberrecht §32

Artikel 13

Bei Artikel 13 geht es nicht um die Stärkung der Verlage, wie bei Artikel 11, sondern, ganz im Gegenteil, bestraft man hier den Betreiber einer Plattform, wenn seine User eine Urheberrechtsverletzung begehen. Waren bisher die Nutzer bei Online-Plattformen für ihre eigenen Inhalte verantwortlich, so sind das jetzt die Seitenbetreiber. Zum Beispiel YouTube, Facebook und andere. Sie müssen Lizenzen erwerben und fortan verhindern, dass ihre Nutzer urheberrechtlich geschütztes Material publizieren.

Das geht nur mit Upload-Filtern, auch wenn dieses Wort nirgendwo drin steht.

Hier darf man sich darauf vorbereiten, dass diese Filter nicht perfekt arbeiten und eher so eingestellt sind, dass auch harmloses Material zukünftig blockiert wird.

Crux: Man kann nicht weltweite Lizenzen für alles, was im Netz steht, erwerben. Alleine hier ist ein Limit geboten. Wenn dennoch Texte, Bilder, Ton- oder Videoaufnahmen hochgeladen werden, welche die Urheber- und Verwertungsrechte von Produktionsfirmen, Künstlern, Verlagen oder Labes verletzen, dann kann es teuer werden.

Ein Kompromiss sieht nun vor, dass die Nachrichtensuchmaschinen weiterhin Hyperlinks, einzelne Wörter und kurze Textausschnitte anzeigen dürfen. Das Veröffentlichen von Überschriften oder ganzen Sätzen ist allerdings verboten, wenn man nicht zahlt.

Ausnahmen für junge Start-ups.

Ausgenommen davon sind kleinere Publikationen mit weniger als fünf Millionen Usern/Monat und einem Umsatz von maximal zehn Millionen Euro. Sie dürfen höchstens drei Jahre alt sein. Ein weiteres Zugeständnis besteht darin, dass man ihnen weiterhin die Möglichkeit zugesteht, Internet-Memes zu erstellen und zu teilen und sie dürfen auch aus geschützten Werken weiterhin zitieren.

Dieses neue Recht soll die Probleme der Verlage lösen, wird sie aber letztlich noch verschlimmern.

Kleinere Verlage werden vom Markt gedrängt werden. Online-Dienste werden entweder ganz schließen oder ihre Leistungen reduzieren. Die Informationen, die wir in Zukunft erhalten, werden vor allen Dingen von den großen Verlagen diktiert werden, die sich hier als die Meinungsmacher aufspielen dürfen. Die Verfügbarkeit von Informationen wird zurückgehen und EU wird immer uninteressanter als Innovations- und Investitionsstandort werden.

Am 26. März stimmen die Europa-Abgeordneten darüber ab. Wikipedia hat deshalb eine Protestaktion gestartet und titelt:

DIES IST UNSERE LETZTE CHANCE. HELFEN SIE UNS, DAS URHEBERRECHT IN EUROPA ZU MODERNISIEREN.

Wikipedia Aufruf Urheberrecht
Wikipedia Aufruf Urheberrecht

Hier ist die Liste der Abgeordneten. Für Deutschland sind es 96. Man sollte sie alle anschreiben.

Am Samstag, 23. März, sind Demonstrationen in verschiedenen deutschen Städten geplant.

Quellen
News Aggregator
Google verurteilt Leistungsschutzrecht
Youtube
Was genau sind Uploadfilter?
Wikipedia
Folgen der Urheberrechtsreform
Text Artikel 32
Urheberrechtsreform zunächst beschlossen
Letzte Fassung vor der Abstimmung